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  • Fuchs steht im Lichtkegel auf einer Straße.

    Sollten Sie für Kleintiere bremsen?

Dresden, 31. August 2023 | (ks)
 
Im alltäglichen Straßenverkehr können unvorhergesehene Situationen auftreten, die von Ihnen als Autofahrerinnen und Autofahrern schnelle Entscheidungen erfordern. Eine solche Situation ist die unverhoffte Begegnung mit Tieren. Zusammenstöße mit größeren Tieren sind schadensträchtig und können lebensgefährlich sein. Aber auch wenn Kleintiere wie Katzen, Füchse, Dachse oder Eichhörnchen unvermittelt über die Fahrbahn laufen, reagieren viele reflexartig. Sie wollen die Tiere nicht überfahren und bremsen scharf ab. Dürfen Sie das? Wie ist die rechtliche Lage, wenn es aus Rücksichtnahme für diese Tiere zu einem Unfall kommt? Und wann zahlt die Versicherung?
 

Allgemeine Verkehrsregeln in der Straßenverkehrs-Ordnung, die hier relevant sind

Für jeden Teilnehmenden am Straßenverkehr gilt der Grundsatz, jederzeit vorsichtig und rücksichtsvoll gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern zu sein. (StVO) § 1) Rücksichtnahme darf auch für Kleintiere gelten. Es besteht praktisch keine Pflicht, sie überfahren zu müssen. Brems- und Ausweichmanöver sind jedoch nur erlaubt und sinnvoll, wenn Sie sich und andere dadurch nicht gefährden.
 
§ 4 StVO regelt außerdem: 1. Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. 2. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.
 
Eine nicht erforderliche Notbremsung ist ein potenziell gefährliches Fahrmanöver und damit eine Ordnungswidrigkeit. Passiert dadurch nichts, ist das Risiko, ein Bußgeld zahlen zu müssen, eher gering. Kommt es dagegen zu einem Auffahrunfall, wird die Rechtslage bei Schuld- und Haftungsfragen komplexer. Gerichte müssen dann im Einzelfall entscheiden:
 
  • Was ist ein Kleintier?
  • Gab es einen zwingenden Grund zu bremsen?
  • Wie hoch ist das Mitverschulden des Auffahrenden?
 

Welche Tiere gelten als Kleintiere?

Es gibt keine allgemeingültige Definition, welche Tiere im Straßenverkehr als Kleintiere gelten und wie groß ein Kleintier im Durchschnitt ist. Die Gerichte betrachten in der Regel solche Tiere als Kleintiere, die so klein sind, dass ihr Überfahren nur geringe Schäden am eigenen Fahrzeug verursachen würde. Das verdeutlichen folgende Beispiele von Urteilen:
 
kleintiere-infografik
 

Rechtfertigt ein kleines Tier eine Vollbremsung?

Die Gerichte sehen deshalb ein Kleintier in der Regel nicht als zwingenden Grund für eine Vollbremsung an. Sie ist daher nach § 4 StVO unzulässig. Denn eine Kollision mit ihnen führt – anders als mit Rehen oder Wildschweinen – nicht zu schweren und lebensbedrohlichen Unfällen. Wegen der Gefahren, die von einer Vollbremsung ausgehen, gilt: Menschenleben gehen vor Tierleben. Auch hat das Amtsgericht Pfaffenhofen in einem Urteil zu einem Auffahrunfall wegen eines Fuchses ausgeführt: Bei einer Güterabwägung sei ein Pkw gegenüber einem Kleintier - wie dem Fuchs - als das höherwertige Rechtsgut anzusehen.
 

Umstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen

Die Rechtsprechung stellt immer auf die Umstände des Einzelfalles ab. So wird beispielsweise danach unterschieden, ob sich der Unfall außerhalb oder innerhalb geschlossener Ortschaften ereignet hat. Das Amtsgericht Schorndorf verurteilte eine Autofahrerin, die außerorts auf einer Bundesstraße wegen einer Katze gebremst hatte, zum Schadenersatz an den Unfallgegner. Das Landgericht Paderborn stellte dagegen fest, dass innerhalb geschlossener Ortschaften auch für eine Katze gebremst werden darf. Innerhalb geschlossener Ortschaften könnten beispielsweise jederzeit Kinder auf die Straße laufen, sodass immer mit plötzlichen Bremsmanövern des Vorausfahrenden gerechnet werden müsse.
(AG Schorndorf, Urteil vom 10.11.1992, Az. 2 C 811/92); (Landgericht Paderborn, Urteil vom 07.09.2000, Az. - 5 S 181/00)
 
Da der Begriff "Kleintier" weder nach Größe noch nach Art definiert ist, stellt sich die Frage, wozu eigentlich Hunde gehören. Bekanntlich gibt es große und kleine Hunde. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat einen Schäferhund auf der Straße als zwingenden Grund für eine Vollbremsung angesehen. Ähnlich entschied das Kammergericht Berlin zugunsten eines Autofahrers, der wegen eines Dackels bremste.
(AG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2007, Az. 30 C 7132/07), (KG Berlin, Urteil vom 29.05.2000, Az. 12 U 9571/98)
 

Wann zahlt die Versicherung bei Unfällen mit Tieren?

Auch Versicherer beurteilen eine Bremsung für Kleintiere oft als grob fahrlässig. Umso wichtiger ist es, dass in einer modernen Autoversicherung zum einen Schäden durch grobe Fahrlässigkeit mitversichert sind. Zum anderen sollten nicht nur Schäden durch sogenanntes Haarwild im Vertrag eingeschlossen sein, sondern Schäden durch "Tiere aller Art".
 
Sollte es durch ein plötzliches Bremsmanöver zu einem Auffahrunfall durch ein  nachfolgendes Fahrzeug kommen, muss die Haftung der Beteiligten geklärt werden. Die Kfz-Haftpflichtversicherer prüfen, wer welchen Anteil am Unfall hat. Im Zweifelsfall entscheidet ein Gericht über das Verschulden und eine Aufteilung der Haftung, beispielsweise weil der Sicherheitsabstand des nachfolgenden Autos zu gering war. Ist grobe Fahrlässigkeit in der Kfz-Versicherung nicht mitversichert, kann die Versicherung des bremsenden Fahrers ihren Kunden innerhalb bestimmter Grenzen in Regress nehmen.
 
Wird das eigene Auto durch den Zusammenstoß mit dem Kleintier beschädigt, zahlt die Teilkaskoversicherung. Handelt es sich bei dem Kleintier (z.B. Fuchs, Dachs) um Haarwild im Sinne des Bundesjagdgesetzes, liegt ein meldepflichtiger Wildunfall vor. Für die Schadenregulierung wird ein Nachweis über den Zusammenstoß mit dem Wildtier benötigt. Dies können zum Beispiel Spuren am Fahrzeug, Zeugenaussagen oder aussagekräftige Fotos sein. Am aussagekräftigsten ist eine Wildunfallbescheinigung. Diese wird entweder von der Polizei oder vom Jäger/Förster ausgestellt.
 
Zählt das Kleintier (z. B. Eichhörnchen, Katze, Enten und andere Vögel) nicht zum Haarwild, zahlt die Teilkasko, wenn Schäden durch Tiere aller Art versichert sind.
 
Wird das eigene Auto bei einem Ausweichmanöver beschädigt, zahlt die Teilkasko bei Kleintieren nicht. Denn ein Ausweichmanöver ist in diesem Fall nicht notwendig, um einen größeren Schaden zu vermeiden. So die Begründung in einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.12.1996 - IV ZR 321/95.
 
Die Vollkasko-Versicherung zahlt alle entstandenen Schäden am eigenen Fahrzeug, unabhängig von der Ursache.
 

Wildunfälle sind meldepflichtig

Es hat kein Verkehrsunfall stattgefunden, sondern ein Kleintier wurde angefahren oder überfahren. Sofern es zum sogenannten Haarwild nach § 2 des Bundesjagdgesetzes gehört (u.a. Dachs, Fuchs, Marder, Feldhase), handelt es sich um einen Wildunfall. Wildunfälle sind in elf Bundesländern – so auch in Sachsen – meldepflichtig. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, droht in der Regel ein Bußgeld nach dem jeweiligen Landesjagdgesetz.
 
Generell sollten Sie nach einem vermuteten Zusammenstoß mit einem Tier an einem sicheren Ort anhalten, nachsehen, was passiert ist und die Polizei verständigen. Wer ein verletztes Tier liegen lässt, muss mit einer Anzeige wegen Tierquälerei rechnen.

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