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  • Vater und Tochter spielen im Wohnzimmer Gitarre

    Hausmusik: Was ist erlaubt und was ist zu beachten?

Dresden, 18. Juli 2024 | (ks)
 
Hausmusik ist ein wunderbares Hobby. Ob Klavier, Gitarre, Geige – viele Menschen lieben es, in ihrer Freizeit Musik zu machen. Doch das Musizieren in der eigenen Wohnung kann zu Spannungen mit den Nachbarn oder Ärger mit dem Vermieter führen. Generell verboten ist es nicht. Es gelten aber Einschränkungen. Werfen wir einen Blick auf die Rechtslage. Und wir geben praktische Tipps, um Konflikte zu vermeiden.
 
Frau hält sich genervt Kissen an beide Ohren
Sicherlich macht es für die Lautstärke einen Unterschied, ob man Querflöte oder Schlagzeug spielt. Und sicher ist die Toleranzgrenze bei einer schönen Klavierballade höher als bei den ersten Geigenübungen eines Musikeleven. Ob sich Nachbarn durch Musik als Lärm gestört fühlen, hängt also von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören auch die Häufigkeit des Musizierens und die Hellhörigkeit des Gebäudes. Im Streitfall entscheiden die Gerichte immer im Einzelfall.
 

Das sagt das Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Es gehört zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, in der Mietwohnung zum eigenen Vergnügen Hausmusik zu machen und sich mit einem Instrument künstlerisch zu betätigen. Musizieren ist Teil der Lebensführung. Dieses Recht kann weder durch eine Hausordnung noch durch den Vermieter untersagt werden. Auch eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann das Musizieren in der Wohnung nicht durch Mehrheitsbeschluss verbieten. Ein solcher Beschluss verstößt gegen die guten Sitten und ist daher unwirksam. (Oberlandesgericht Hamm Beschl. v. 10.11.1980, Az.: 15 W 122/80)
 
Eine Beschränkung des Musizierens auf eine bestimmte tägliche Dauer ist dagegen grundsätzlich zulässig. Natürlich haben auch Nachbarn allgemeine Persönlichkeitsrechte. Ihre Rechte auf Lärmschutz sind zudem in den Landesimmissionsschutzgesetzen geregelt. Deshalb sollte das Musizieren in der Regel während der Nacht- und Mittagsruhe unterbleiben. In Zimmerlautstärke dürfen Sie sich uneingeschränkt und rund um die Uhr der Musik hingeben. Denn in dieser Lautstärke gehört Musik zu den üblichen Geräuschen in Wohnhäusern und muss von den Nachbarn hingenommen werden.
 

Welche Ruhezeiten gelten

Da gibt's was auf die Ohren, ob nun Rasenmäher oder Geige. Während der Ruhezeiten gilt alles, was lauter als Zimmerlautstärke ist, als Lärm und muss vermieden werden. Die Ruhezeiten sind gesetzlich festgelegt. Jedes Bundesland und jede Gemeinde kann die Zeiten aber selbst festlegen. In der Regel gilt in Deutschland die Nachtruhe zwischen 22 Uhr abends und 7 Uhr morgens. Die Mittagsruhe ist in der Regel zwischen 13 und 15 Uhr. Ruhezeiten können auch im Mietvertrag oder in der Hausordnung festgelegt sein. Diese können geringfügig von den allgemeinen Ruhezeiten abweichen. Hausordnung und Mietvertrag sind für Mieter bindend. Außerdem gilt eine ganztägige Sonntags- und Feiertagsruhe.
 

Wie laut ist denn Zimmerlautstärke?

Die Dezibel-Skala gibt den Schalldruckpegel an. Als Zimmerlautstärke wird der Schallpegel bezeichnet, der von den unmittelbaren Nachbarn nicht als störend empfunden wird. Eine genaue gesetzliche Definition gibt es nicht. Die Werte schwanken.
 
  • Laut Wikipedia (§ 3 BauNVO): Grenzwert der Zimmerlautstärke ist in reinen Wohngebieten 50 Dezibel tags und 35 Dezibel nachts
  • Verwaltungsvorschrift nach Bundesimmissionsgesetz = TA Lärm: Immissionsrichtwerte für allgemeine Wohngebiete tags 55 Dezibel und nachts 40 Dezibel
  • In der Praxis gilt meist: 40 Dezibel tags und 30 Dezibel nachts
 
Etwas greifbarer werden die Dezibel-Werte, wenn man sich die Dezibel-Skala normaler Lebensgeräusche betrachtet.
dezibelzahlen normaler geraeusche wohnumfeld
Grafik: SV Sachsen
 

Und wie laut sind Instrumente? Beispiele:

dezibelzahlen verschiedener instrumente
Grafik: SV Sachsen
 

Wie lange dürfen Sie in der Wohnung musizieren?

Wenn Sie nicht gerade in einem freistehenden Einfamilienhaus weit weg vom nächsten Nachbarn wohnen, werden Sie aus Rücksicht auf Ihre Nachbarn sicher außerhalb der Ruhezeiten Klavier, Geige, Schlagzeug oder Trompete spielen. Dürfen Sie das stundenlang, wenn Ihnen danach ist? In der Regel sollten maximal zwei Stunden Muszieren pro Tag gebilligt werden. Wie gesagt: Pauschal lässt sich das nicht beantworten und es ist gesetzlich nicht geregelt. Es kommt auf den konkreten Einzelfall an, was zumutbar ist – je nach Art und Dauer des Musizierens sowie der Beschaffenheit der Wohnung und der baulichen Gegebenheiten.
 
Orientierung bieten einige Gerichtsurteile zur Hausmusik. Dabei variiert die erlaubte Übungsdauer je nach Gerichtsbeschluss und Instrument.
 
  • Klavier spielen:Das Oberlandesgericht Frankfurt schränkte in einem Fall das Klavierspielen auf eineinhalb Stunden pro Tag ein (AZ 20 W 148/84). Das Landgericht Frankfurt hingegen erlaubte es in einem anderen Verfahren für drei Stunden von Montag bis Freitag und für fünf Stunden an Wochenenden und Feiertagen – allerdings außerhalb der üblichen Ruhezeiten.
  • Schlagzeug spielen:Hier setzte das Landgericht Fürth einen Rahmen von täglich 45 bis 90 Minuten Spielzeit (AZ 13 S 5296/90). Das Landgericht Freiburg erlaubte einem Musiker, dass er je eine Stunde am Vormittag und eine Stunde am Nachmittag die Drumsticks schwingen darf.
  • Klarinette spielen:Instrumente wie Klarinette und Saxofon können durchdringende Töne erzeugen. Deshalb gestattete das Oberlandesgericht Karlsruhe das Spielen damit für werktäglich zwei Stunden sowie an Sonntagen für eine Stunde (AZ 6 U 30/87).
  • Akkordeon spielen:Das Musizieren mit diesem Instrument begrenzte das Langgericht Kleve auf täglich eineinhalb Stunden und verbot es zwischen 22 und 9 Uhr sowie zwischen 13 und 15 Uhr. Weitere Auflage: Während des Spielens müssen Fenster und Türen geschlossen bleiben (AZ 13 S 5296/90).
 

Wenn Kinder Instrumente spielen

Mädchen spielt Geige
Ein Sonderfall liegt vor, wenn Kinder musizieren. Hier besteht in der Regel kein Unterlassungsanspruch wegen unzulässigen Lärms. Das gilt selbst dann, wenn laute Instrumente gelegentlich die Mittagsruhe der Nachbarn stören.

Das Amtsgericht München hat eine entsprechende Klage eines Ehepaars gegen seine Nachbarn abgewiesen (AZ 171 C 14312/16). Laut den Klägern verursachten die Nachbarskinder im Nachbarhaus so viel Lärm, dass die Nutzung des eigenen Hauses und Grundstücks erheblich beeinträchtigt sei. Auch würden die Kinder während der Ruhezeiten musizieren.

Das Gericht wies in seiner Urteilsbegründung darauf hin, dass es sich um minderjährige Kinder handele. Von ihnen könne die Einhaltung von Regeln nicht in gleichem Maße verlangt werden wie von Erwachsenen. Bei der erforderlichen Abwägung sei Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) zu berücksichtigen. Die gesunde Entwicklung junger Menschen steht unter besonderem Schutz und damit auch das Musizieren.
 

Berufsmusiker müssen auf den Mietvertrag achten

Nicht alle Hausmusiker sind Hobbymusiker. Was ist mit Berufsmusikern, die zu Hause für Auftritte üben müssen oder Unterricht geben? Hier gilt: Die Erlaubnis, viel zu musizieren, muss im Mietvertrag stehen.
 
Kommt es dennoch zum Streit mit den Nachbarn, haben Berufsmusiker vor Gericht gute Chancen, wie folgende Gerichtsurteile zeigen:

  • Eine Klavierlehrerin darf werktags zwischen 7 und 17 Uhr spielen. Und zwischen 17 und 22 Uhr nochmal drei Stunden üben
    (Landgericht Frankfurt, Az. 2/25 O 359/89).
  • Der Familie eines Berufsmusikers wurde vom Landgericht Flensburg erlaubt, Geige, Bratsche, Cello und Violine täglich rund acht Stunden zu spielen (Landgericht Flensburg, Az. 7 S 167/92)
 
Bei Musikunterricht kann sich der Vermieter aber auch auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. VIII ZR 213/12) berufen. Danach muss der Vermieter die gewerbliche Nutzung der Mietwohnung nicht dulden. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, ist es daher ratsam, sich einen externen Übungsraum zu suchen. Oder vorher mit dem Vermieter und den Nachbarn einen Kompromiss zu finden oder den Übungsraum zu Hause schalldicht zu isolieren.
 

Tipps zur Lärmminderung - Wie können Sie sich Stress und Zänkereien ersparen?

Wer gerne und ständig ein Instrument spielt, sollte dies vor Unterzeichnung des Mietvertrages erwähnen. Besonders hellhörige Wohnungen machen in diesem Falle keinen Sinn. Es schadet auch nicht, mit den Nachbarn ein freundliches Gespräch zu suchen, um herauszufinden, wann man sie am wenigsten stört.
 
  • Für die Wohnungseinrichtung gilt: Teppiche, Vorhänge und Möbel wie Bücherregale können den Schall absorbieren und die Lautstärke reduzieren. Schall z. B. Boxen immer vom Boden und von den Wänden entkoppeln.
  • Ein Raum in Randlage der Wohnung ist vielleicht besonders geeignet zum Musizieren.
  • Beim Spielen Türen und Fenster schließen.
  • Mit Kopfhörern für E-Gitarren und elektronische Tasteninstrumente, wie das Keyboard oder das E-Piano. E-Drums erzeugen erst Lärm, wenn sie an einen Lautsprecher angeschlossen sind. Wie auch bei E-Gitarren können Sie hier Kopfhörer anschließen.
 
Mittels Schalldämmung und Schalldämfung (Achtung physikalischer Unterschied) lässt sich die Lautstärke erheblich vermindern. Bauliche Tipps liefert zum Beispiel das OBI-Magazin "Musikzimmer einrichten". Für Blasinstrumente, Saiteninstrumente und Tasteninstrumente gibt es spezielle Dämpfer, die das Nachklingen verhindern oder den Ton dämpfen.
 
Streichinstrumente
  • Eine Klemme macht den Ton weicher und leiser.
  • „Hoteldämpfer“ sind aus Metall und machen den Ton sehr leise, verändern jedoch auch das Ansprechverhalten des Streichinstrumentes.
Blechblasinstrumente
  • Ein Dämpfer aus Holz, Metall, Pappe oder Kunststoff wird in den Schalltrichter gesteckt und dämpft so die Töne.
Tasteninstrumente
  • Der „Moderator“ ist ein Filzlappen zwischen Saite und Hammer, der den Klang dumpfer und leiser macht. Viele Klaviere sind bereits mit einem Moderator ausgestattet, der durch Betätigen des mittleren Pedals verwendbar ist. Er kann aber auch nachträglich eingebaut werden.
  • Durch das Treten des linken Pedals wird die gesamte Mechanik des Flügels leicht verschoben, so dass statt drei nur noch zwei oder eine Saite pro Taste angeschlagen werden. Der Ton klingt dadurch weniger nach, aber seine Qualität wird leicht verändert.
 
 

Fazit

Hausmusik ist eine Bereicherung. Sie erfordert aber auch Rücksichtnahme und Verständnis. Als (Hobby-)Musikerin/(Hobby-)Musiker sollte man sich an die festgelegten Zeiten halten, während die Nachbarn Verständnis und Toleranz zeigen sollten. Kommunikation ist der Schlüssel: Ein freundliches Gespräch kann viele Konflikte im Keim ersticken. Eine Einladung der Nachbarn zu einem kleinen Hauskonzert kann helfen. Und im Zweifelsfall bieten Mediation und rechtliche Rahmenbedingungen Orientierung und Lösungen. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt auch die Kosten einer Mediation.
Drummer hat Drumsticks in der Hand und spielt Schlagzeug

 

"Keine Kunst wirkt auf den Menschen so unmittelbar, so tief wie die Musik, eben weil keine uns das wahre Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen lässt."
Arthur Schopenhauer

Vielleicht hilft diese Erkenntnis auch zum besseren Verständnis, wenn es mal lauter wird.

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