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Rentenversicherungsbericht 2022 modelliert sinkendes Rentenniveau
Dresden, 21. Dezember 2022 | (ks)
Ende November hat das Arbeitsministerium den Rentenversicherungsbericht 2022 auf den Tisch gelegt. Er zeigt deutlich, woran die wenigstens angesichts hoher Lebenshaltungskosten denken möchten: Rente und private Altersvorsorge ist eines der drängendsten Themen unserer Zeit. Denn das Rentenniveau sinkt bis 2036 auf unter 45 Prozent. Die Autoren des Rentenversicherungsberichtes schreiben: „Der Rückgang des Sicherungsniveaus vor Steuern macht deutlich, dass für die Versicherten Handlungsbedarf besteht, die Einkommen im Alter zu verbessern. Es ist daher ratsam, frühzeitig die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung zu nutzen, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen."
Der Rentenversicherungsbericht liefert ausgehend von den aktuellen Daten auf Basis geltenden Rechts einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung. Er beschreibt mittels Modellrechnungen die zukünftige Entwicklung der Rentenfinanzen über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren. Zu beachten ist, dass Modellrechnungen keine Prognosen darstellen.
Die Modellrechnungen der Experten bescheinigen der gesetzlichen Rentenversicherung, dass sie sich trotz der krisenbedingten Einflüsse (Auswirkungen der Pandemie, Ukraine-Krieg, Preisentwicklungen) bislang sehr robust gezeigt hat. Die Annahmen zur mittelfristigen wirtschaftlichen Entwicklung, die dem Bericht zugrunde liegen, sind vor dem Hintergrund der momentanen Herausforderungen jedoch von entsprechender Unsicherheit geprägt. Ergebnisse der Modellrechnungen sind daher mit der gebotenen Vorsicht zu interpretieren, so die Autoren. Ignorieren sollte man sie jedoch nicht.
Den Rentenversicherungsbericht 2022 finden Sie unter: RVB (bmas.de)
Im Rentenversicherungsbericht finden sich einige Fakten, die im Hinblick auf die Planung der eigenen Altersvorsorge relevant sind. Anzumerken ist, dass sich die Zahlen in West und Ost unterscheiden. Das beruht u.a. auf unterschiedlichen Erwerbsbiografien insbesondere bei Frauen und unterschiedlich langen Lebensarbeitszeiten.
Lebenserwartung und damit voraussichtliche Rentenbezugsdauer
- Die mittlere fernere Lebenserwartung 65-Jähriger beträgt demnach im Jahr 2035 bei Männern 19,1 Jahre und bei Frauen 22,2 Jahre. Da es sich hier um einen Mittelwert handelt, sollte man hier gut und gerne noch ein paar (Reserve) Jahre Lebensdauer für die eigene Planung aufschlagen.
Durchschnittliche Höhe der Renten aus der GRV zum 1. Juli 2021
- Für Männer betrug der durchschnittliche monatliche Rentenzahlbetrag für Altersrenten 1.226 Euro.
(alte Länder: 1209 Euro; neue Länder: 1300 Euro)
- Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag für Altersrenten an Frauen lag am Stichtag bei 803 Euro.
(alte Länder: 730 Euro; neue Länder: 1080 Euro)
Rentensteigerungen
- Bis zum Jahr 2036 steigen die Renten um insgesamt gut 43 Prozent. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 Prozent pro Jahr.
Der Standard- oder Eckrentner ist fiktiv
Im Rentenversicherungsbericht taucht der Standard- oder Eckrentner auf. Er ist jedoch ist eine fiktive Person, die bei der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) als Bezugs- und Vergleichsgröße zur Entwicklung des Rentenniveaus dient. Dieses Rentner-Modell arbeitet 45 Jahre voll durch. Sein jährliches Arbeitsentgelt entspricht in dieser Zeit immer der Höhe der rentenversicherten Durchschnittsverdiener. Er zahlt die vollen Beiträge in die Rentenkasse ein und erhält pro Jahr genau einen Rentenpunkt. Bei Rentenantritt besitzt er also 45 Rentenpunkte, die maßgeblich für die Berechnung der Altersrente sind.
Daher ist die sogenannte monatliche Standardrente der gesetzlichen Rentenversicherung auch keine Durchschnittsrente. Sie liegt (Stand: 1. Juli 2022) in den alten Bundesländern bei rund 1.621 Euro brutto. In den neuen Bundesländern ist sie etwas geringer – mit etwa 1.598 Euro brutto im Monat.
Die realen Rentnerinnen und Rentner
In der Realität kommen viele Beschäftigte jedoch nicht auf 45 Beitragsjahre und/oder erreichen mit ihrem Arbeitsentgelt pro Jahr keinen vollen Rentenpunkt.
Welche Zahlen zeigt dazu der Rentenversicherungsbericht Stand 31. Dezember 2021?
- Die Männer-Altersrenten beruhten im Durchschnitt auf 41,5 Jahren an anrechnungsfähigen Zeiten mit 1,03 Entgeltpunkten pro Jahr.
(alte Länder: 40,7 Jahre; neue Länder: 44,4 Jahre) - Den Frauen-Altersrenten lagen im Durchschnitt 31,3 Jahre an anrechnungsfähigen Zeiten und 0,75 Entgeltpunkte pro Jahr zugrunde.
(alte Länder: 28,6 Jahre; neue Länder: 41,6 Jahre)
Frauen als Rentnerinnen
Die durchschnittlichen Rentenzahlbeträge für Altersrenten sind bei den Frauen sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern niedriger als bei den Männern.
(alte Länder: 570 Euro Differenz; neue Länder: 230 Euro Differenz)
(alte Länder: 570 Euro Differenz; neue Länder: 230 Euro Differenz)
Ursachen:
- unterdurchschnittlichen Entgelte während der Erwerbsphase
- häufiger Arbeit in Branchen mit geringeren Entgelten
- seltener Jobs in gut bezahlten Führungspositionen
- höhere Teilzeitquote
- häufiger Unterbrechungen im Erwerbsleben aus familiären Gründen
Sofern Frauen keinen "Versorger" (Ehemann) im Sinne eines gemeinsamen Haushaltseinkommens haben oder andere nennenswerte Alterseinkünfte aus Vermögen und Immobilien, sind sie stärker von Altersarmut bedroht als der reale Durchschnittsrentner.
Gesamteinkommen von Rentnerhaushalten
Der Rentenversicherungsbericht führt allerdings auch aus, dass man die Einkommenssituation im Ruhestand differenzierter betrachten muss. "Oft werden Renten der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem gesamten Alterseinkommen gleichgesetzt und aus der Höhe der durchschnittlichen Rentenbeträge bestimmter Gruppen auf deren Wohlstand geschlossen. Die Einkommen älterer Menschen fließen allerdings aus unterschiedlichen Quellen. Niedrigere Renten in der Statistik der Versicherungsträger sagen nur wenig über das Nettoeinkommen der Rentnerinnen und Rentner aus. Zudem ist die Betrachtung der Einkommen von Ehepartnern für viele Fragestellungen nur auf Haushaltsebene aussagekräftiger."
Was das Rentenniveau aussagt
Das Rentenniveau wird im Gesetz als "Sicherungsniveau vor Steuern" bezeichnet. Der Begriff fällt ständig beim Thema Rente und ist zudem einem Irrtum unterworfen. Viele Menschen glauben, ein Rentenniveau von derzeit rund 48 Prozent bedeute, dass sie 48 Prozent von ihrem letzten Brutto- oder Nettolohn als Rente erhalten. Doch das ist falsch. Das Rentenniveau ist eine modellhaft berechnete standardisierte Kenngröße, welche die Entwicklung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung im Zeitablauf abbildet. Einfacher gesagt, beziffert das Rentenniveau, wie sich die Renten im Verhältnis zu den Löhnen entwickeln, und zwar im Verhältnis von Standardrente zum Durchschnittsverdienst aller Versicherten. Es sagt also nur sehr bedingt etwas über individuelle Rentenansprüche und die eigene Versorgungslücke aus.
Wohin könnte sich das Rentenniveau entwickeln
Das Nettorentenniveau liegt im Jahr 2022 bei 48,1 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens und bleibt auch bis zum Jahr 2024 knapp oberhalb von 48 Prozent. Im Jahr 2025 greift eine Haltelinie für das Mindestsicherungsniveau und der aktuelle Rentenwert wird so weit angehoben, dass das Mindestsicherungsniveau in Höhe von 48 Prozent eingehalten wird.
Laut den Vorausberechnungs-Modellen (keine Prognosen) im Rentenbericht wird das Rentenniveau in den nächsten 15 Jahren deutlich zurückgehen. Werden die Modellberechnungen Realität, bedeutet das, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente sinkt, während die Beitragssätze steigen.
Der Wert des Rentenniveaus sinkt tendenziell
- im Jahr 2026 auf 47,8 Prozent
- im Jahr 2029 auf 46,8 Prozent
- im Jahr 2030 auf 46,6 Prozent
- im Jahr 2032 auf 45,8 Prozent
- und bis 2036 auf 44,9 Prozent
Per Gesetz gibt es eine zweite Haltelinie, die verhindert, dass der Beitragssatz bis 2025 über 20 Prozent steigt, aber auch nicht die Marke von 18,6 Prozent unterschreitet. In der mittleren Variante der Vorausberechnungen bleibt der Beitragssatz bis zum Jahr 2026 beim aktuellen Wert von 18,6 Prozent stabil. Zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2036 könnte er mit zwischenzeitlichen Steigerungen bei 21,3 Prozent liegen.
Selbst große Optimisten können sich dem Szenario nicht verschließen und der große Renten-Wumms ist momentan nicht in Sicht. Oder doch? Hubertus Heil, Arbeitsminister der Ampelkoalition, äußert sich dazu unter dem Stichwort "Das Rentenniveau dauerhaft sichern" in einem Interview mit der Rheinischen Post:
Quelle: Website Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Auszug aus einem Interview von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil mit der Rheinischen Post
Das gesamte Interview finden Sie unter diesem Link
Das gesamte Interview finden Sie unter diesem Link
Gesetzliche Rente immer aufbessern
Nachdem die Eckdaten zur Rente geklärt sind, bleibt die altbekannte Erkenntnis: Jeder muss die gesetzliche Rente aufbessern. Angesichts der demografischen Entwicklung und steigender Lebenserwartung sollte man nicht nur ein Pferd satteln. Das kann schließlich hinken und stolpern.
Dazu gibt es drei Leitplanken:
1. So früh wie möglich anfangen, am besten mit dem Einstieg ins Erwerbsleben. Altersvorsorge ist ein Langstreckenlauf, bei dem jeder seinen eigenen Weg wählt.
2. Der optimale Altersvorsorgemix besteht aus
- Renten-Pflichtsystemen (GRV, Beamtenversorgung oder berufsständiger Versorgungswerke)
- Betrieblicher Altersversorgung
- Privater Vorsorge
3. Beitragsgarantien sind wichtig. Aber zumindest ein Teil des Geldes sollte über die Jahre für Sie "arbeiten". Mit einer fonds- oder indexgebundenen Rentenpolice lassen sich die Chancen am Kapitalmarkt mit den steuerlichen Vorteilen eines Versicherungsmantels kombinieren.
Sich eine ausreichende Altersvorsorge aufzubauen, ist ein Prozess, der permanent neu justiert und veränderten Lebensbedingungen angepasst werden muss. Gibt es Engpässe, sollte es das allerletzte Mittel sein, das Sparen fürs Alter aufzugeben. Verlorene Jahre lassen sich nur schwer kompensieren. Sinnvoll ist, konsequent und regelmäßig so viel wie möglich fürs Alter zurückzulegen. In guten Zeiten darf das gern mehr sein, in schlechten Zeiten eben mal weniger.
Die Rentenlücke
Eine Stellschraube, die unbedingt auf den Prüfstand gehört, ist die zu erwartende Rentenlücke. Auch dieser Begriff – ebenso wie Vorsorgelücke – taucht ständig in den Rentendiskussionen auf. Aber auch sie taugt nicht als allgemeine Faustformel, sondern unterliegt einer individuellen Betrachtung.
80 Prozent des letzten Nettoverdienstes sollte man an Alterseinkünften haben. Für Geringverdiener kann das allerdings viel zu wenig und für Gutverdiener unnötig viel sein. Konkret lässt sich damit ohnehin erst wenige Jahre vor Renteneintritt rechnen. Dann sind die Einnahmen stabil und die Ausgabenseite besser vorhersehbar. Heißt, Kinder sind aus dem Haus, eine Immobilie vielleicht abbezahlt und auf dem Konto steht ein Sparguthaben. Die Rentenprognosen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge sind in dieser Phase aussagekräftiger, weil sich nicht mehr so viel im Leben ändert wie in jüngeren Jahren.
Hinzu kommt die persönliche Lebensplanung. Einige Kosten entfallen mit dem Renteneintritt zum Beispiel die für ein zweites Auto. Es macht auch einen Unterschied, ob man im Ruhestand um die Welt reisen möchte oder seine grüne Oase im heimischen Schrebergarten genießt.
Ein Fakt bleibt: Ohne private Altersvorsorge wird man sich im Ruhestand einschränken müssen. Und diese Lebensphase wird dank steigender Lebenserwartung immer länger.
Lassen Sie sich für Ihren persönlichen Altersvorsorgemix beraten. Jede mögliche staatliche Förderung, jeden Steuervorteil und auch den Zuschuss Ihres Arbeitgebers in der betrieblichen Altersversorgung sollten Sie da reinpacken. Interessiert? Hier Ihren Betreuer finden.
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