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Rentenerhöhung - Werde ich jetzt steuerpflichtig?
Dresden, 30. Juni 2022 | (ks)
Rente schützt vor Steuern nicht. Darauf ist zu achten, wenn sich Rentnerinnen und Rentner im Juli über eine ordentliche Rentenerhöhung freuen dürfen. Denn es könnte theoretisch sein, sie müssen nun aufgrund ihrer höheren Einnahmen eine Steuererklärung abgeben. Auf viele Seniorinnen und Senioren, die heute oder demnächst Rente beziehen, wird das jedoch nicht zutreffen. Zum einen greift noch der sogenannte Rentenfreibetrag. Das ist der Teil der Rente, der nicht besteuert wird. Er berechnet sich aus dem Jahr des Rentenbeginns. Zum anderen gilt ein höherer Grundfreibetrag für den steuerpflichtigen Teil der Rente. Der Grundfreibetrag liegt 2022 für Alleinstehende bei 10.347 Euro pro Jahr. Für verheiratete Paare beträgt er das Doppelte. Durch die Erhöhung des Grundfreibetrags um 6,19 Prozent entfällt laut Bundesfinanzministerium für „rund 80.000 Steuerpflichtige mit Rentenbezügen eine Steuerbelastung“.
2022 bringt höchste Rentenerhöhung seit Jahrzehnten
Für rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner steigen die Renten zum 1. Juli um 5,35 Prozent (Westen) und 6,12 Prozent (Osten). In Euro ergibt das: Eine monatliche Rente von 1000 Euro, basierend auf West-Beiträgen erhöht sich um gut 53 Euro. Eine gleich hohe Rente mit Ost-Beiträgen steigt um 61 Euro. Eine solche Rentenerhöhung gab es im Westen seit fast 40 und im Osten seit fast 30 Jahren nicht mehr. Die Sektkorken dürften trotzdem nicht knallen. Die Preissteigerungen für Energie und Lebenshaltung lassen das Plus in der Haushaltskasse dahinschmelzen wie Wassereis in der Sommersonne.
Warum Rentner/innen überhaupt Steuern zahlen müssen
Renten sind heute steuerpflichtig. Weder Inflationshärten noch Alter, Krankheit oder steuerliche Ahnungslosigkeit gelten für den Fiskus als Gründe, seiner fiskalischen Bürgerpflicht nicht nachzukommen. Vorweg sei gesagt: Wenn man als Rentner/in eine Einkommensteuererklärung abgeben muss, mag das lästig sein. Sie bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man Einkommensteuer zahlt. Wie Arbeiternehmer/innen können auch Rentner/innen diverse Positionen steuermindernd angeben.
Grundlage für die Rentenbesteuerung ist das Alterseinkünftegesetz aus dem Jahr 2005. Mit seiner Einführung werden Renten nachgelagert besteuert. Das bedeutet: Während der Erwerbsphase kann man viele Aufwendungen für die Altersvorsorge steuermindernd absetzen. Dafür muss man dann im Ruhestand seine Renteneinkünfte (inklusive weiterer Einkünfte) versteuern.
Rentenfreibetrag und Steuersatz
Die nachgelagerte Besteuerung wird sukzessive über einen Zeitraum von 35 Jahren umgesetzt. Welchen Anteil der Rente man versteuern muss, ist an den Zeitpunkt des Renteneintritts gekoppelt. Konkret: Wer 2005 und früher Rentner wurde, versteuert nur 50 Prozent seiner Rente. Der Besteuerungsanteil steigt kontinuierlich jedes Jahr an. Wer 2040 und später in den Ruhestand wechselt, muss seine komplette Rente also 100 Prozent versteuern. Er hat keinen Rentenfreibetrag mehr.
Für alle, die bis Dezember 2039 erstmals Rente bekommen, errechnet das Finanzamt also mit dem Rentenfreibetrag den Teil der Rente, der nicht versteuert werden muss. Der Rentenfreibetrag ist ein fester Eurobetrag. Er bleibt immer unverändert in der Höhe, wie er bei Renteneintritt für jeden/jede Rentner/in individuell berechnet wurde. Er wächst also nicht prozentual bei Rentenerhöhungen mit. Deshalb kann es sein, dass man auch als Bestandsrentner durch Rentenerhöhungen steuerpflichtig werden kann. Diese müssen in voller Höhe versteuert werden.
Grundfreibetrag
Der steuerpflichtige Teil der Rente wird um den sogenannten Grundfreibetrag entlastet. Es handelt sich dabei um ein vom Staat festgelegtes steuerfreies Existenzminimum unter anderem für Essen, Kleidung, Wohnen. Der Grundfreibetrag steht jedem Steuerpflichtigen zu, gilt also für Arbeitseinkommen und Renten gleichermaßen.
Für das Jahr 2022 betrug der Grundfreibetrag ursprünglich 9.984 Euro. Weil die Lebenshaltungskosten und vor allem die Energiepreise für Bürgerinnen und Bürger wegen des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen sind, hat die Regierung eine Erhöhung auf 10.347 Euro beschlossen. Diese gilt rückwirkend zum 1. Januar 2022.
Ein Rechenbeispiel der Deutschen Rentenversicherung veranschaulicht die Einflussgrößen für die Besteuerung:
Maren K., ging im Jahr 2004 in Rente. Im Jahr 2005 (Alterseinkünftegesetz trat in Kraft) bekam sie eine Jahresbruttorente von 12.000 Euro. Hieraus errechnet sich ihr Rentenfreibetrag in Höhe von 6.000 Euro (50 Prozent). Im Jahr 2021 beträgt ihre Jahresbruttorente aufgrund der bisherigen Rentenanpassungen 15.440 Euro. Ihr Rentenfreibetrag bleibt trotzdem bei 6.000 Euro. Damit steigt ihr zu versteuerndes Renteneinkommen von 6.000 Euro auf 9.440 Euro. Aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrages (der 10.347 Euro im Jahr 2022 beträgt) muss sie trotzdem keine Steuern zahlen, da sie außer ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat.
Auch zusätzliche Renten und Einnahmen sind steuerpflichtig
Steuerlich relevant ist nicht nur die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Bezüge aus folgenden Renten werden auch nachgelagert versteuert:
- Private Altersvorsorge
- Betriebliche Altersvorsorge (seit 2021 nur der Teil der Betriebsrente, die den monatlichen Freibetrag von 165,50 Euro übersteigt)
- Riester-Rente
- Rürup-Rente
- Erwerbsminderungsrente
- Hinterbliebenenrente (wie Witwen- oder Waisenrente)
- Altersrenten aus landwirtschaftlichen Alterskassen
- Umlagefinanzierte Zusatzversorgungsrenten
Zusätzliche Einnahmen müssen ebenfalls versteuert werden, soweit durch diese Einkünfte der Grundfreibetrag überschritten wird. Sie werden steuerlich unterschiedlich behandelt. Dazu gehören:
- Einnahmen aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit
- aus Vermietung und Verpachtung
- nicht der Abgeltungsteuer unterliegende Kapitalerträge
Diese Kosten und Freibeträge mindern die Steuerlast
Wer eine Steuererklärung abgeben muss, kann bestimmte Ausgaben steuerlich geltend machen. Das können auch Rentner/innen. Unter anderem zählen dazu:
- Sonderausgaben: Dazu gehören zum Beispiel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, aber auch Spenden und die private Haftpflichtversicherung.
- Außergewöhnliche Belastungen: Dahinter verbergen sich zum Beispiel Krankheitskosten oder die Ausgaben für ein Pflegeheim. Hier kann man auch den Behinderten-Pauschbetrag beantragen.
- Haushaltsnahe Dienstleistungen: Kosten für eine Putzkraft, Gärtner/in oder den/die Schornsteinfeger/in zählen zu den haushaltsnahen Dienstleistungen.
- Handwerkerkosten: Rentner/innen können auch Handwerkerkosten steuerlich geltend machen.
- Werbungskosten: Pauschbetrag von 102 Euro
- Altersentlastungsbetrag: bei Rentner/innen, die das 64. Lebensjahr vollendet haben
Wenn sich das Finanzamt meldet, muss es schnell gehen
Wer überblickt, er könnte steuerpflichtig werden, sollte selbst aktiv eine Steuererklärung einreichen. Es ist nicht schlimm, wenn man sich doch geirrt hat. Spätestens, wenn das Finanzamt eine Aufforderung schickt, muss eine Steuererklärung zügig eingereicht werden. Das Amt wird sonst die steuerliche Situation schätzen. Das kann zu empfindlichen Steuernachzahlungen führen. Hilfe für die Steuererklärung kann man sich beispielsweise bei den Beratungsstellen des Lohnsteuerhilfevereins holen oder in einem Steuerbüro.
Wer sich allein durch den Steuer-Dschungel kämpfen will, auch weil die Einnahmenseite übersichtlich ist, findet im Netz diverse Alterseinkünfte-Rechner und Hilfen.
Einen ersten Überblick über die Steuerpflicht verschaffen
Wer nicht groß rechnen will, kann sich mit der Tabelle des Bundesverbandes Lohnsteuerhilfevereine e.V. auf einen Blick informieren. Darin ist das Jahr 2021 und die Rentenerhöhung im Juli 2022 zwar noch nicht eingerechnet. Die Tabelle gibt aber trotzdem eine gute Orientierung, bis zu welchen Beträgen keine Steuernachzahlungen zu befürchten sind. Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf Einkünfte aus der gesetzlichen Rente. Für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner gelten jeweils die doppelten Beträge.
1) Bruttorente 2) Monatsrente (2. Halbjahr 2020). Bei der Einkommensberechnung wurden 3,05% Beitrag zur Pflegeversicherung und 7,85% zur Krankenversicherung (inkl. durchschnittlicher Zusatzbeitrag) berücksichtigt.
Quelle: Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine e. V. - Pressemitteilung vom 10.3.2021
Unser Tipp:
Eine schlechte Idee wäre es, auf private Altersvorsorge zu verzichten, nur weil man diese ab 2040 ohne Rentenfreibetrag versteuern muss. Die Steuerlast auch von zukünftigen Rentner/innen dürfte überschaubar sein. An einer Zusatzrente geht trotzdem kein Weg vorbei. Es sei denn, man möchte in Richtung Altersarmut abbiegen oder erwartet ein horrendes Erbe. Lassen Sie sich von Experten auch zu den steuerlichen Aspekten einer zusätzlichen Altersvorsorge beraten.
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