Dresden, 9. November 2023; aktualisiert: 10. November 2023 | (ks)
Stolpersteine sind kleine, glänzende Gedenksteine, die in den Boden eingelassen werden und an das Schicksal von Opfern des Nationalsozialismus erinnern. Ihre Oberfläche besteht aus einer Messinglegierung, die im Laufe der Zeit oxidiert. Dadurch wird ihre Oberfläche dunkel und sie verlieren ihren Glanz. Schmutz, Regen und Schnee, denen die Steine ausgesetzt sind, tun ihr Übriges. Damit die Stolpersteine gut sichtbar und lesbar bleiben, müssen sie gepflegt werden. Der 9. November ist ein Tag, an dem in Deutschland an verschiedene historische Ereignisse erinnert wird, unter anderem an die Reichspogromnacht. Dieser Tag wird vielerorts genutzt, um die Stolpersteine mit freiwilligem Engagement zu reinigen und auf Hochglanz zu bringen.
An wen erinnern die Stolpersteine
Stolpersteine erinnern gleichermaßen an alle Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden: Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung; Menschen, die wegen ihrer politischen Einstellung, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Hautfarbe verfolgt wurden, aber auch Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Verfolgung betraf ebenfalls Männer, die als Deserteure galten, Menschen, die wegen ihrer "Asozialität" verfolgt wurden, wie Obdachlose und Prostituierte, und Menschen, die in den Selbstmord getrieben wurden.
Das größte dezentrale Mahnmal der Welt
Die Gedenktafeln werden im Fußweg vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der NS-Opfer eingelassen. Auf quadratischen, knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Steinen ist ein Messingschild aufgeschlagen. Auf diesem sind die Daten der Opfer eingraviert.
Der Künstler Gunter Demnig hat das Projekt Stolpersteine 1992 ins Leben gerufen. Der erste Stolperstein wurde im selben Jahr vor dem Kölner Rathaus verlegt und erinnert an den Deportationsbefehl für Sinti und Roma von Heinrich Himmler. Im Mai 2023 wurde der 100.000ste Stolperstein verlegt. Die kleinen Gedenktafeln sind nicht nur in Deutschland, sondern auch in 28 weiteren europäischen Ländern zu finden. Ihre Zahl wächst stetig. Sie gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.
Auf Demnigs Seite stolpersteine.eu ist zur Idee für dieses Projekt zu lesen: "Als Gunter Demnig 1992 das Kunstdenkmal STOLPERSTEINE entwickelte, ging es ihm um individuelles Gedenken. Die Nationalsozialisten wollten die verfolgten Menschen zu Nummern machen und ihre Identität auslöschen. Mit den Stolpersteinen wollte er diesen Prozess rückgängig machen und ihre Namen wieder in die Straßen und Städte zurückholen…"
An manchen Orten wären aufgrund ihrer Geschichte Hunderte oder Tausende von Stolpersteinen notwendig. An diesen Stellen verlegt der Künstler Stolperschwellen. Sie sind 10 x 100 cm groß und erinnern an ganze Opfergruppen.
Kritische Stimmen zum Projekt
Nicht jeder sieht das Projekt positiv. Einige Nachkommen der Opfer empfinden die Steine als unwürdige Form des Gedenkens. Das Schicksal der Eltern oder Großeltern wird ausgerechnet auf einem öffentlichen Weg zur Schau gestellt, mit Füßen getreten und beschmutzt. Kritisch werden unter anderem auch Inschriften auf den Steinen mit Wörtern wie "Rassenschande" oder "Gewohnheitsverbrecher" gesehen, mit denen der Künstler die Passanten zum Nachdenken über Begriffe der NS-Zeit anregen will. Nicht alle Nachfahren der Opfer möchten zudem das persönliche Schicksal ihrer Angehörigen aus der Privatsphäre in die Öffentlichkeit tragen. Deshalb können Stolpersteine nur mit Zustimmung der Angehörigen verlegt werden. Die Stadt München hat sich beispielsweise aus den vorgenannten Gründen gegen die Verlegung von Stolpersteinen und für andere Gedenkformen wie Tafeln an Häusern oder Stelen entschieden.