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Viele Krisen auf einmal - wie gehen wir damit um?
Dresden, 7. April 2022 | (ks)
Es geht bestimmt vielen so. Zurzeit ist man ein bisschen winter-, pandemie- und katastrophenmüde. Überall ist Krise: Corona, Klima, Energie, Krieg und Inflation. Die Welt wie wir sie bisher kannten, löst sich gerade nach und nach auf. Wir sitzen nicht mehr in einer Oase der Glückseligen, die nicht betroffen sind. Durch den Klimawandel sterben Menschen auch in Deutschland. Darauf macht auch der heutige Weltgesundheitstag 2022 aufmerksam. Die schrecklichen Bilder des Ukraine-Krieges kommen von nebenan. Das Corona-Virus wird nicht wirklich harmloser, nur weil wir es zunehmend ignorieren. Die Pandemie und das Sterben an Covid-19 gehen weiter, nur leiser. Die Inflation und steigende Preise spüren wir vor allem an der Supermarktkasse und der Tankstelle. Das mag ärgerlich sein. Wer weniger verdient, für den geht es aber ans Eingemachte.
Diese Entwicklungen sind in der Summe psychisch belastend. Und sie pfropfen sich auf die ohnehin bestehenden Herausforderungen des ganz normalen Alltags auf. Die mentalen Reserven vieler Menschen sind erschöpft. Welche Strategien, welche Betrachtungsweisen können helfen, mit diesen Situationen umzugehen? Egal, ob es sich um den Umgang mit den persönlichen Krisen des Lebens handelt oder um den Umgang mit den globalen Krisen der Welt. Nachfolgend dazu ein paar Gedanken:
Das Wissen darum, dass Krisen auch Chancen sein können
Unfälle, der Tod des Partners oder Krankheit: In persönlichen Krisen wird man ein Tal der Tränen durchschreiten, wie der Volksmund es nennt. Trauer, Wut, Verleugnung sind Phasen, die man dabei durchlebt. Sofern man genügend Widerstandskraft (Resilienz) besitzt, zerbricht man daran nicht. Im Gegenteil, danach besitzt man mehr mentale Ressourcen. Geht also gestärkt aus einer Krise hervor. Gesellschaftliche Krisen stoßen Reformen an, entwickeln eine eigene Dynamik. Manche Chancen bleiben dabei allerdings auch auf der Strecke. So wird der Ukraine-Konflikt vielleicht als Turbo für die Energiewende fungieren. Vielleicht wird er auch nur alte gegen neue Energie-Abhängigkeiten tauschen. Die Corona-Pandemie hat zweifellos die Arbeitswelt mit neuen hybriden Arbeitsformen verändert. Die Gesellschaft als Ganzes hat sie eher weniger verändert. Trotzdem stoßen Krisen pragmatische Veränderungsprozesse an und sind Innovationstreiber.
Nachrichten dosieren
Mit den großen Themen der Zeit muss sich jeder beschäftigen, denn sie betreffen jeden Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes. Informationen bilden den Zugang zu den Themen. Eine Überflutung mit Negativem kann jedoch zu viel werden, Ängste verursachen und die Handlungsfähigkeit einschränken. Dann brauchen wir eine Pause von der Welt. Es ist daher richtig, Eilmeldungen abzuschalten, eine Nachrichten-Abstinenz einzulegen, sich abzulenken und sich einfach mal mit etwas Schönem zu beschäftigen. Auch Langeweile und Tagträumen darf man ganz bewusst genießen.
Ängste realistisch einschätzen
Risiken und Gefahren sind mittlerweile komplex. Die Herausforderungen, die sich aus den vielen Krisen ergeben, können nicht mehr nacheinander bewältigt werden. Das muss jetzt parallel passieren. Natürlich erzeugt das diffuse Ängste. Zumindest Otto Normalbürger hätte nicht gedacht, dass wir je wieder in Zeiten leben, in der ein möglicher Einsatz von Atomwaffen diskutiert wird. Oder wo Deutschland den Kauf eines Raketenschutzschildes erwägt. Seriöse Informationen können nicht alle Ängste und Bedenken ausräumen. Aber sie können helfen, die ein oder andere Sorge zu relativieren.
Miteinander reden
Vertrauensvolle Gespräche in der Familie und mit Freunden darüber, was uns bewegt und besorgt helfen und verbinden. Erstens sind wir mit unseren Gedanken nicht allein. Zweitens erweitert das unseren gedanklichen Horizont, denn jeder hat seinen eigenen Blickwinkel auf die Geschehnisse unserer Zeit. Und drittens hilft uns der Austausch mit anderen, dass wir unsere eigenen Emotionen besser reflektieren und einordnen können.
Ins Handeln kommen
Mit Handeln ist an dieser Stelle kein ausgedehnter Hamstereinkauf gemeint. Vielmehr geht es darum, aktiv zu werden. Ich kann doch eh nichts an den großen Krisen ändern, mag mancher denken. Passivität vermittelt uns jedoch den Eindruck, hilflos und ausgeliefert zu sein. Aktives Handeln dagegen hilft der Psyche. Es ermächtigt uns, konstruktiv auf negative Entwicklungen zu reagieren. Kann ich mich mit meinen Möglichkeiten und Kenntnissen irgendwo einbringen? Brauche ich neue Kenntnisse, Fertigkeiten? Was kann ich in meinem persönlichen Leben tun? Beispielsweise ist der schrittweise Übergang in ein umweltbewussteres Leben in der globalen Klimakrise auch ein aktiver Beitrag.
Jeden Tag dankbar sein
Es sind meist die kleinen alltäglichen Dinge, die uns Freude machen (können). Oft sind sie jedoch selbstverständlich und werden nicht wahrgenommen. Wir und unsere Lieben sind gesund? Interessante Menschen bereichern unser Leben? Ein Fremder lächelt uns an? Ein Teppich aus bunten Krokussen zaubert einen zarten Farbklecks in den noch winterbraunen Park? Es gilt die Wahrnehmung für die vielen schönen Momente des Tages zu schärfen. Die lassen sich zählen. Einfach Cent Stücke in die linke Hosentasche stecken und für jeden schönen Moment jeweils eins in die rechte Tasche wandern lassen. Wenn man sie abends zählt, merkt man erst, wie viel unser Leben bereichert. Und dafür können wir dankbar sein, selbst dann, wenn wir etwas an Wohlstand hergeben müssen. Auch Humor und Gelassenheit helfen uns, jeden Tag diese kleinen Inseln der Positivität zu erschaffen.
Wer anderen hilft tut sich selbst etwas Gutes
Menschen sind soziale Wesen und einander zu helfen ist quasi in ihren Genen verankert. Denn früher war Hilfe und Kooperation für das Überleben der ganzen Gruppe notwendig. Wer hilft, zeigt aber nicht nur ein sozial gewünschtes Verhalten. Er tut sich selbst etwas Gutes. Denn er macht die Erfahrung, dass er wichtig und wertvoll ist. Das stärkt das Selbstwertgefühl. Die Dankbarkeit und Anerkennung, die wir für Hilfe erhalten, aktiviert außerdem das Belohnungssystem im Gehirn. Und das schüttet Glückshormone aus. Selbst die Hilfe in Form einer Spende vermittelt das Gefühl, auch ich kann etwas beitragen. Wenn wir in Krisen eine große Hilfsbereitschaft innerhalb der Gesellschaft erleben, erfahren wir auch, sie funktioniert und hält zusammen.
Risiken kennen und absichern
Es gibt reale Risiken, deren Wahrscheinlichkeit man anhand statistischer Daten einschätzen kann. Dazu gehört beispielsweise das Risiko, dauerhaft berufsunfähig zu werden oder von Schäden durch Starkregen betroffen sein zu können. Eine Versicherung kann den Ereignisfall nicht verhindern, aber die finanziellen Folgen abfedern. Ein individuell abgestimmter, ausreichender Versicherungsschutz kann uns in ungewissen Zeiten wenigstens einige Sorgen abnehmen.
Hilfe annehmen, wenn alles zu viel wird
Ein offenes Ohr, auch bei Problemen, die durch die Krisenzeiten auftreten, bietet unter anderem die Telefonseelsorge. Diese ist rund um die Uhr telefonisch erreichbar und hat auch ein Online-Angebot.
Telefon: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0222 oder 116 123
Hier geht es zur Online-Hilfe der Telefonseelsorge
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