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  • Mensch im Anzug hält Karte mit Schriftzug Dubios

    Versicherungsbetrug, legitimer Volkssport?

Dresden, 4. April 2024 | (ks)
 
Die meisten Versicherungskundinnen und -kunden sind ehrlich. „Einen Versuch ist es wert“, lautet dagegen die ungeschriebene Devise der Versicherungsbetrüger. Und sie betrachten ihr Tun als Kavaliersdelikt. Das Schwindeln, Vortäuschen und Betrügen wird fast schon zum Volkssport à la „Der Cleverste gewinnt". Dabei schaden sie nicht nur den Versicherungsunternehmen, sondern der gesamten Versichertengemeinschaft. Aber auch beim Versicherungsbetrug haben Lügen kurze Beine. Mehr dazu weiter unten im Text.
Mann mit langer Lügennase
An der Nasenspitze kann man Versicherungsbetrug leider noch nicht erkennen
Die Versicherung übers Ohr zu hauen, ist ein gesellschaftliches Phänomen wie Schwarzfahren und kommt in allen sozialen Schichten vor. Millionen ansonsten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger erwarten ohne Gewissensbisse, dass nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall die Werkstatt auf Kosten der Versicherung auch gleich alle Vorschäden repariert. Das Brandloch in der edlen Bluse auf einer Party wird demjenigen zugeschoben, der eine Privathaftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Bei einem Wohnungseinbruch werden dem Versicherer Werte gemeldet, die nie in der Wohnung existierten. Wenn schon mal die Gelegenheit da ist …

Verdächtige Versicherungsfälle bei rund zehn Prozent

Nach Sonderauswertungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind rund zehn Prozent aller gemeldeten Versicherungsfälle verdächtig und damit prüfungswürdig. Untersucht wurden 600.000 Schadenmeldungen aus einem Zeitraum von drei Jahren. Insgesamt schätzen die Versicherer den jährlichen Schaden durch Versicherungsbetrug in der Schaden- und Unfallversicherung auf rund fünf Milliarden Euro.
 
In der Versicherungssprache spricht man auch von Dubiosschäden. Sie wirken im Wortsinn zweifelhaft oder fragwürdig. Wenn ein Fall dubios ist, heißt das aber nicht automatisch, dass es sich um Versicherungsbetrug handelt. Zunächst weist der Schaden Merkmale auf, die statistisch eher selten sind. Dann wird er genauer untersucht und vor allem auf Plausibilität geprüft. Manchmal handelt es sich auch schlicht um Missverständnisse oder Irrtümer auf Kundenseite. Falsche oder ungenaue Angaben bei der Schadensmeldung können auch darauf beruhen, dass Versicherungsnehmer überfordert sind. Festzuhalten ist, die meisten Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer sind ehrlich.
 

Die häufigsten Betrugsformen sind laut GDV:

 

  • Fingierter Schaden
    Bei einem fingierten Schadenereignis ist ein realer Schaden eingetreten, der nicht versichert ist. Der Schadenhergang wird so dargestellt oder konstruiert, dass von einem versicherten Schadenereignis ausgegangen werden kann.

    Gerade bei elektronischen Geräten haben die Betrugsfälle laut GDV zugenommen. Was Versicherungsbetrüger nicht bedenken: Selbst wenn die Versicherung den Schaden reguliert, wird maximal der Zeitwert erstattet. Der rapide Preisverfall bei gebrauchten und nicht mehr aktuellen Geräten macht den Betrug eigentlich sinnlos.
Beispiel beschädigtes Smartphone: Einem Geschädigten ist sein Smartphone heruntergefallen und nun defekt. Für die Schadensmeldung wird eine andere Person vorgeschoben, die den Schaden nicht verursacht hat. Deren Privathaftpflichtversicherung soll aber den Schaden bezahlen. Die kaputte Brille ist ein weiterer Klassiker aus dieser Kategorie.
  • Fiktiver Schaden
    Das fiktive Schadenereignis wird in Fachkreisen auch als „Papierschaden“ bezeichnet. Der gemeldete Schaden hat in Wirklichkeit nie stattgefunden.
Beispiel Fahrraddiebstahl: Der Betrüger behauptet, sein Fahrrad sei gestohlen worden. Tatsächlich hat er nie ein Fahrrad besessen. Die vorgelegte Rechnung ist gefälscht.
  • Provozierter Schaden
    Beim provozierten Ereignis wird der Schaden durch den oder die Geschädigten vorsätzlich herbeigeführt. Der Versicherungsnehmer hat keine Kenntnis von dem Vorhaben und ist in diesem Fall das Opfer.
Beispiel Autounfall: Ein Betrüger tritt als vermeintlich Geschädigter auf. Er provoziert einen Verkehrsunfall und nutzt dabei gezielt die Unachtsamkeit eines arglosen Verkehrsteilnehmers aus. Dessen Kfz-Haftpflichtversicherung soll für den Schaden aufkommen.

  • Ausgenutzter Schaden
    Ein tatsächlicher Schaden wird ausgenutzt, um die entstandene Schadensumme vorsätzlich in die Höhe zu treiben.
Beispiel Einbruchdiebstahl: Nach einem tatsächlich stattgefundenen Einbruch werden beispielsweise Gegenstände angegeben, die dem Geschädigten entweder gar nicht gehören oder einfach erfunden wurden.
Als Versicherungsbetrug gilt auch, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer bei Abschluss des Versicherungsvertrages über bestimmte Tatsachen täuscht, die für den Abschluss des Vertrages oder die Höhe der Prämie erheblich sind. 
 

Professioneller Betrug - das Beispiel fingierte Verkehrsunfälle durch Autobumser

Professioneller Versicherungsbetrug im großen Stil ist in der Regel bandenmäßig organisiert und wird mit hoher krimineller Energie ausgeführt. Zum Beispiel die sogenannten „Autobumser" betreiben damit ein Geschäftsmodell. Sie verwickeln ahnungslose Autofahrer gezielt in Verkehrsunfälle, die sie regelrecht provozieren. Anschließend bitten sie die Versicherung des Unfallgegners zur Kasse. Der GDV schätzt, dass jeder achte bis zehnte Verkehrsunfall auf Betrug zurückzuführen ist.
 
Diese Fälle sind ebenso raffiniert wie schwer nachzuweisen. So bremsen die Täter beispielsweise plötzlich und unerwartet vor einer grünen Ampel ab, um den Hintermann zum Auffahren zu zwingen. Denn wer auffährt, ist in der Regel schuld am Unfall - dann muss die Kfz-Haftpflicht zahlen. Ein anderer Fall ist, dass der „Autobumser“ eigentlich Vorfahrt hätte, aber den anderen Autofahrer durchwinkt, zum Beispiel in eine Parklücke. Dann fährt er, obwohl er scheinbar freiwillig auf sein Vorfahrtsrecht verzichtet hat und beharrt darauf, im Recht zu sein. Zur Straftat Versicherungsbetrug nach § 263 StGB kommt in diesen Fällen noch der Straftatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB hinzu.
Für Autofahrerinnen und Autofahrer gilt: Wachsam sein! Bei Auffälligkeiten sollte man die Polizei rufen und den Schaden gut dokumentieren. Dies zum Beispiel mit Fotos, Kennzeichen, Name und Adresse des Verursachers.

Wichtig ist zudem, bei einem Unfall kein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben. Denn das halten gewiefte Betrüger dem Opfer meist gleich unter die Nase. Im schlimmsten Fall kann es sogar Ärger mit der Versicherung geben, wenn man ein Geständnis unterschreibt, ohne dass der Versicherer einen Gutachter einschalten konnte. Diese achten genau auf Betrugshinweise.
Polizistin nimmt Autounfall auf
Durch die Polizei wird der Unfall dokumentiert

Fliegt Versicherungsbetrug auf?

Ja, meistens fliegt ein Versicherungsbetrug auf. Die Versicherer verfügen über ein umfangreiches Instrumentarium und moderne technische Raffinessen, um Betrugsfälle aufzudecken. Darüber hinaus setzen sie automatisierte Prozesse, intelligente Datenanalyse, Softwaretools und zunehmend auch KI-Tools für ihre Prüfungen ein.
 
In den Schadenabteilungen arbeiten zudem Schadenmanagerinnen und Schadenmanager, die geschult sind und viel Erfahrung in ihrem Job mitbringen. Deshalb haben sie einen Instinkt für Ungereimtheiten entwickelt, den man auch als Spürnase bezeichnen kann. Wenn zum Beispiel die Schilderung des Schadenhergangs nicht zum Schadenbild passt, Kunden widersprüchliche Angaben machen oder Kaufbelege verdächtig erscheinen, schauen sie genauer hin. Neben ihrem Fachwissen ist es der sprichwörtliche gesunde Menschenverstand, mit dem sie zweifelhafte Verdachtsfälle immer noch besser einschätzen können als künstliche Intelligenz.
 
Bildmontage Justizia mit Gerichtshammer und Paragrafen
Wird tatsächlich eine Betrugsabsicht nachgewiesen, können die Folgen für den Kunden erheblich sein: Der Versicherer muss nicht für den Schaden aufkommen, kann den Vertrag kündigen, die Gutachter- und Ermittlungskosten vom Anspruchsteller zurückfordern und den Fall zur Anzeige bringen.

Viele wissen gar nicht, dass Versicherungsbetrug strafbar ist. Behörden und Versicherer verfolgen dieses Vergehen konsequent, selbst bei Bagatellschäden. Die rechtlichen Grundlagen sind hier § 263 (Betrug) und § 265 (Versicherungsmissbrauch) StGB. Denn durch Betrügereien entstehen nicht nur den Versicherungsunternehmen hohe Schäden. Die gesamte Versichertengemeinschaft ist durch das Solidarprinzip betroffen. Die ehrlichen Versicherungsnehmer zahlen über ihre Beiträge die Schäden durch die Schummeleien mit. Für Versicherungsbetrug sieht das Gesetz neben Geldstrafen in besonders schweren Fällen auch Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vor.

Die fünf dümmsten Versicherungsbetrüger

Es ist also kein Kavaliersdelikt, seine Versicherung abzuzocken oder aus Freundschaft mitzumachen. Das GDV-Video „Die 5 dümmsten Versicherungsbetrüger“ zeigt selbsternannte Schlaumeier, die auf besonders dreiste Art und Weise versucht haben, sich auf die Schnelle Geld von ihrer Versicherung zu erschleichen. „Versuchen kann man es ja mal“, lautet das ungeschriebene Motto der Versicherungsbetrüger.
 
Die im Video dargestellten Fälle stammen aus der Praxis der Versicherungsunternehmen. Handlungen und Personen wurden aber aus datenschutzrechtlichen Gründen verändert.
Fazit: Versicherungsbetrug taugt nicht als Volkssport. Er ist moralisch verwerflich. Er ist wirtschaftlich verwerflich. Er ist dumm. Er kommt raus.

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