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WEG-Reform: Das müssen Wohnungseigentümer wissen
Dresden, 03.12.2020 | (ks)
Am 1. Dezember 2020 trat die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Kraft. Die Änderungen sind so umfangreich und gravierend, dass die Novelle eine umfassende Reform des aus dem Jahr 1951 stammenden Gesetzes darstellt. Damit haben die Eigentümer von rund 10 Millionen Wohnungen in Deutschland, aber auch die Verwalter und Verwaltungsbeiräte neue Rechten und Pflichten. Betroffen von den Neuerungen sind auch Eigentümer als Vermieter und Mieter.
Mehr Spielraum aber auch Verantwortung für Eigentümer
Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) verweist darauf, dass sich viele Auswirkungen des komplexen Regelwerkes erst in der Praxis bewerten ließen. Die Reform bringe den Eigentümern „mehr Spielraum, ihr Gemeinschaftseigentum zu verwalten, allerdings auch mehr Verantwortung“. Darüber hinaus hat sich der Verband sehr dafür eingesetzt, dass die Machtverhältnisse im Wohnungseigentum (zwischen Eigentümern und Verwaltern) ausgewogen bleiben.
Im Kern soll die Novelle dazu beitragen, dass:
- Modernisierungen und Barrierefreiheit einfacher umgesetzt werden können,
- und so Sanierungsstau abgebaut wird,
- die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums effizienter wird,
- die Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft erleichtert werden,
- und Streitbeilegungsmechanismen verbessert werden.
- Insgesamt geht es um mehr Einfachheit, Klarheit und Rechtssicherheit.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Änderungen für die Eigentümergemeinschaft und den Eigentümer im Einzelnen
Viele Maßnahmen in einer Wohnungseigentumsanlage können jetzt mit einfacher Mehrheit der Stimmen beschlossen werden. Bislang waren größere Mehrheiten notwendig. Der Einbau einer modernen, klimafreundlicheren Heizung zum Beispiel könnte dann etwa schon von der Hälfte der Eigentümer beschlossen werden.
Handelt es sich um grundlegende bauliche Maßnahmen wird es komplizierter. Denn hier sollen Eigentümer vor finanzieller Überforderung geschützt werden. So müssen sich alle Wohnungseigner an den Kosten von Sanierungsmaßnahmen beteiligen, wenn die bauliche Veränderung von zwei Dritteln der Eigentümer beschlossen wurde – und auch nur dann, wenn die Veränderung nicht mit „unverhältnismäßigen Kosten“ verbunden ist. Ansonsten tragen diejenigen Eigentümer die Kosten, die der Maßnahme zugestimmt haben. Die aufwändige energetische Sanierung der Fassade benötigt beispielsweise eine Zwei-Drittel-Mehrheit
„Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.“
Es bleibt in der Praxis abzuwarten, ob Eigentümer durch taktisches Abstimmverhalten versuchen könnten, sich einer Kostenbeteiligung zu entziehen, obwohl sie ebenfalls von den Maßnahmen profitieren.
Bestimmte Baumaßnahmen können Eigentümer künftig auf eigene Faust veranlassen, ohne dass die Gemeinschaft zustimmen muss. Sie müssen aber die Kosten dafür selbst tragen. Das gilt für Ladesäulen ebenso wie etwa für einbruchsichere Fenster und Türen oder Glasfaseranschluss. Bislang konnten solche Anträge von der Eigentümergemeinschaft – und war es auch nur mit einer einzigen Gegenstimme – abgelehnt werden. Auch auf einen barrierefreien Aus- und Umbau haben sie jetzt einen Anspruch. Damit ist es nun möglich, durch bauliche Veränderungen einen barrierefreien Zugang zum Gemeinschafts- und zum Sondereigentum zu schaffen. Hierzu gab es in der Vergangenheit immer wieder Rechtsstreitigkeiten.
- Weitere Neuerungen:
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- Die Eigentümer können jetzt mit einfacher Mehrheit einen bestimmten Kostenverteilungsschlüssel auswählen und gewinnen damit auf diesem Gebiet mehr Spielraum.
- Künftig werden Freiflächen wie Stellplätze oder auch Terrassen zum Sondereigentum gezählt.
- Mit Inkrafttreten der neuen WEG-Reform hat jeder Wohnungseigentümer ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen.
- Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen richten sich in Zukunft gegen die Gemeinschaft und nicht mehr gegen einzelne Wohnungseigentümer.
- Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht jetzt bereits mit dem Anlegen der Grundbücher als "Ein-Personen-Gemeinschaft". Gemeint ist hier der Aufteiler oder Bauträger als einziges Mitglied. Der Gesetzgeber will damit der unklaren Rechtslage bei neu entstehenden Eigentümergemeinschaften gegensteuern.
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Der Eigentümer als Vermieter
Eigentümer, die vermieten, können dadurch auch Maßnahmen für ihre Mieter, etwa schnelleres Internet, besser umsetzen. Der Eigentümer als Vermieter bewegte sich bisher im Spannungsfeld zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die viele Einschränkungen treffen darf und dem Mietrecht, dass dem Mieter vieles erlaubt.
Neuerungen zur Eigentümerversammlung
Jede Eigentümerversammlung kann jetzt unabhängig von der Anzahl der Anwesenden Beschlüsse fassen. Die Versammlungen sind zwar grundsätzlich als Präsenzveranstaltung konzipiert. Mit der Novelle können einzelne Eigentümer jetzt auch online teilnehmen und ihre Rechte über elektronische Kommunikation ausüben.
Die Ladungsfrist zur Eigentümerversammlung wurde von zwei auf drei Wochen verlängert. Die Eigentümer müssen das Protokoll unverzüglich nach der Versammlung bekommen. Zwischen den Versammlungen sind Umlaufbeschlüsse mit Stimmenmehrheit möglich. Und zwar auch per Mail oder App.
Befugnisse des Verwalters
Der geplante stark erweiterte Handlungsspielraum des Verwalters ist in der Novelle geringer ausgefallen, als ursprünglich vorgesehen.
Laut Gesetz vertritt der Verwalter die Gemeinschaft nach außen (Vertretungsmacht im Außenverhältnis). Bei wichtigen Entscheidungen, wie Darlehens- oder Grundstückskaufverträgen benötigt er aber einen Beschluss der Eigentümer. Ohne Zustimmung der Gemeinschaft kann der Verwalter über Maßnahmen entscheiden, die "untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen". So kann er beispielsweise Dienstleisterverträge abschließen, kleinere Instandhaltungsmaßnahmen wie Reparaturen veranlassen und das Wohngeld-Inkasso in die Wege leiten. Mit der Größe der Anlage wachse seine Entscheidungsmacht, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Die Novelle enthält allerdings keinen konkreten Regelungen, was der Verwalter darf. Das Gesetz schreibt fest, dass die Eigentümer die Rechte und Pflichten des Verwalters per Beschluss einschränken oder erweitern können. Die Eigentümer können den Verwalter auch ohne wichtigen Grund abberufen. Der Verwaltervertrag endet in so einem Fall spätestens 6 Monate nach der Abberufung.
Mit einer längeren Übergangszeit benötigen Verwalter zukünftig einen Nachweis für ihre Sachkompetenz mittels einer Zertifizierung. Wie das genau aussehen wird, steht noch nicht fest und auch Ausnahmen soll es geben. Eigentümergemeinschaften können, müssen aber nicht einen zertifizierten Verwalter bestellen. In diesem Beschluss müssen sie sich nur einig sein. Denn jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, als Teil einer ordnungsgemäßen Verwaltung einen zertifizierten Verwalter zu bestellen und auf diesem Weg einen Sachkundennachweis zu verlangen.
Verwaltungsbeirat
Der Verwaltungsbeirat unterstützt den Verwalter bei seinen Aufgaben und wird mit der Novelle zu dessen – gesetzlich verankerten – Kontrollorgan aufgewertet. Mit der Neuerung darf er jetzt beliebig viele Mitglieder haben. Und diese, die ehrenamtlichen Beiräte haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. So will der Gesetzgeber mehr Eigentümer dazu motivieren, sich als Beiräte zu engagieren.
Unser Tipp:
Auch die Eigentümergemeinschaft selber kann haftbar gemacht werden, deswegen ist eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht sinnvoll. Durch die gemeinsame Versicherung können Schadenersatzansprüche abgesichert werden, beispielsweise wegen Unfällen, die anderen auf dem gemeinschaftlich genutzten Eigentum wie dem Treppenhaus oder der Außenanlage passieren
Im Bundesgesetzblatt (Pdf) finden Sie alle Neuerungen unter dem amtlichen Namen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG).
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