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    Was regelt das Ehegatten-Notvertretungsrecht?

Dresden, 7. September 2023 | (ks)
 
Mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts gilt seit Januar 2023 ein neues Ehegatten-Notvertretungsrecht. Dieses schafft klare gesetzliche Regelungen, dass sich Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten ohne große Hürden gegenseitig vertreten können. Das Gesetz ist für Notsituationen wie plötzliche Erkrankungen oder Unfälle gedacht. Es stärkt die Positionen der einander vertretenden Ehepartner. Bestehende Vorsorgevollmachten werden durch die Notvertretung nicht ausgehebelt.
 
Für viele Paare ist es selbstverständlich, dass sie im Krankheitsfall für den Partner/die Partnerin entscheiden können, wenn dieser/diese dazu nicht mehr in der Lage ist. Das Zusammenleben sei Grund genug, auch im Notfall füreinander sorgen zu wollen. Das war ein weit verbreiteter Irrtum. Gab es keine Vorsorgevollmacht, musste ein Gericht festlegen, wer in Zukunft über Behandlungen, Klinikaufenthalte etc. entscheiden durfte. Zwar wurden in der Regel der Ehepartner, Verwandte oder gute Freunde als Betreuer eingesetzt. Zwingend war dies aber nicht. Das neue Gesetz sieht nun eine zeitlich begrenzte Notvertretung vor. Was das bedeutet, wird im Folgenden näher erläutert.
 

Fragen und Antworten zur Notvertretung

Die gesetzliche Grundlage

Das Notvertretungsrecht gilt seit Januar 2023 mit dem neuen Paragrafen 1358 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) 
 

Für wen gilt das Ehegattennotvertretungsrecht?

Es gilt für verheiratete Ehepaare und eingetragene Lebenspartnerschaften in häuslicher Gemeinschaft. Für geschiedene Ehepaare, einen unverheirateten Partner, Verlobte, Kinder, Eltern oder enge Freunde gilt es nicht.
 

Wann wird das Notvertretungsgesetz nicht angewendet?

 
  • Die Ehegatten leben nachweislich getrennt.
  • Dem behandelnden Arzt ist bekannt, dass der erkrankte Ehegatte eine Betreuung durch den Ehepartner ablehnt.
  • Es liegt bereits eine Vorsorgevollmacht vor, in der für die Gesundheitsvorsorge eine andere Person als der Ehepartner/Ehepartnerin bestimmt wurde. Beispielsweise kann das der Sohn oder die Tochter sein.
  • Das Betreuungsgericht hat bereits eine rechtliche Betreuungsperson bestellt, zu deren Aufgabenkreis auch Gesundheitsangelegenheiten gehören.
Das Notvertretungsrecht kann zudem ins Leere laufen, wenn der andere Ehegatte nicht willens oder nicht in der Lage ist, das Recht auch auszuüben. Sei es wegen eines gleichzeitigen Unfalls oder einer eigenen Erkrankung.
 

Ist der Vertretungszeitraum begrenzt?

Ja. Die Notvertretung gilt für maximal sechs Monate.
 

Wie funktioniert das Recht?

Das automatische Notvertretungsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn der betroffene Ehegatte plötzlich und unerwartet durch Krankheit oder Unfall handlungs- und entscheidungsunfähig wird. Es betrifft also medizinische Akutsituationen. Die Ausübung des Notvertretungsrechts geht einer Betreuung im Rahmen der zulässigen Aufgabenkreise vor. Es setzt voraus, dass keine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung vorliegt.
 
Das Notvertretungsrecht tritt erst dann in Kraft, wenn ein Arzt formell bescheinigt, dass der Zustand des betroffenen Ehepartners eine Vertretung notwendig macht und ab wann dies der Fall war. Der Arzt ist verpflichtet, diese Bescheinigung auszustellen, damit der Ehepartner jederzeit von seinem Recht Gebrauch machen kann. Das heißt, ohne die Bescheinigung kann der Ehepartner/die Ehepartnerin die Vertretung nicht wahrnehmen.
 
Der vertretende Ehegatte ist ebenfalls verpflichtet, schriftlich (auf demselben Vordruck wie das ärztliche Attest) zu versichern, dass das Vertretungsrecht ausgeübt werden darf.
 
Das Notvertretungsrecht ist auf gesundheitliche Angelegenheiten beschränkt. Wenn ein Ehepartner aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit sich nicht mehr selbst kümmern kann, darf der vertretende Ehepartner damit:
Frau liegt im Krankenhaus
  • In Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen/sie untersagen sowie ärztliche Aufklärungen entgegennehmen. Ärzte sind von ihrer Schweigepflicht über Diagnosen und Behandlungsmöglichkeiten entbunden.
  • Über freiheitsentziehende Maßnahmen (zum Beispiel stationärer Aufenthalt, Medikamentengabe) entscheiden, sofern diese nicht länger als sechs Wochen dauern.
  • Verträge im Zusammenhang mit Gesundheitsangelegenheiten abschließen, zum Beispiel mit Krankenhäusern, Rehabilitations- oder Pflegeeinrichtungen.
  • Ansprüche des Ehepartners im Zusammenhang mit der Erkrankung geltend machen. Das betrifft zum Beispiel Versicherungsleistungen oder Beihilfeansprüche.

Kann ich das Eintreten des Notvertretungsrechts verhindern?

Der Notvertretungs-Automatismus mag in gesundheitlichen Notfällen Dinge erleichtern. Bei einer Ehe kann ja angenommen werden, dass eine gegenseitige Vertrau­ensbasis vorhanden und eine Vertretung in Notfällen naheliegend ist. Andererseits können damit Fakten geschaffen werden, die nicht dem Willen einer betroffenen Person entsprechen. 

Wenn Ehegatten keine gegenseitige Notfallvertretung wünschen, können sie der Notfallvertretung formlos widersprechen. Um sicherzustellen, dass Ärzte darüber informiert sind, kann das Dokument gegen eine geringe Gebühr beim Zentralen Vorsorgeregister hinterlegt werden.

Seit Januar 2023 können auch behandelnde Ärzte das Zentrale Vorsorgeregister abfragen, wenn der Patient nicht ansprechbar ist und eine Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung getroffen werden muss. So kann der Arzt beispielsweise Kontakt zu einer registrierten Vertrauensperson aufnehmen. Oder er kann feststellen, ob im konkreten Fall eine Notvertretung durch den Ehegatten in Betracht kommt.

Notvertretung nach Ablauf von sechs Monaten

Ist die Vertretung nach sechs Monaten weiterhin notwendig, weil der Ehepartner noch Betreuung benötigt, muss das Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Ein Richter entscheidet dann, wer in Zukunft die Interessen des zu Betreuenden vertreten wird. Zunächst wird das Betreuungsgericht versuchen, einen Familienangehörigen für diese Aufgabe zu gewinnen. Ist das nicht möglich, setzt es einen gesetzlichen Betreuer oder eine Betreuerin ein.

Warum sind Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung weiterhin wichtig?

Das Notvertretungsrecht ist für den Krisenfall konzipiert und daher inhaltlich und zeitlich beschränkt. Grundsätzlich sollte jeder eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung aufsetzen. Das hat mehrere Vorteile:
 
  • In diesen Dokumenten können Wünsche detailliert beschrieben und Anordnungen getroffen werden. Das betrifft nicht nur gesundheitliche Angelegenheiten, sondern auch andere Lebensbereiche. Dazu zählen zum Beispiel Wohnangelegenheiten, die Vertretung gegenüber Behörden oder die Vermögenssorge.

  • Zudem können mehrere Vorsorgebevollmächtigte benannt werden. Man denke an ein Szenario, in dem ein Ehepaar gemeinsam verunglückt. Beide Ehepartner wären eventuell nicht in der Verfassung, sich gegenseitig vertreten zu können. Für solche Fälle könnten sie weitere Berechtigte wie beispielsweise die eigenen Kinder benennen.

  • Wer eine Vorsorgevollmacht mit sofortiger Wirkung erteilt, versetzt den Vorsorgebevollmächtigen zum Beispiel den Ehepartner sofort und jederzeit in die Lage, die eigenen Angelegenheiten vertreten zu dürfen. Dieser muss sich die Notsituation nicht bescheinigen lassen.

  • Die getroffenen Verfügungen sind zudem zeitlich unbegrenzt gültig. Sie lassen sich jederzeit ändern beziehungsweise anpassen. Gerade schwere Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt können eine Vertretung über einen viel längeren Zeitraum erforderlich machen, als es der Gesetzgeber nun für den Notfall vorsieht.
Fazit: Die Vertretung in Gesund­heits­fragen bedeutet in jedem Fall eine große Verant­wortung. Das gilt gerade aber nicht nur für gesundheitliche Notfälle. In Akutsituationen muss jedoch schnell gehandelt werden können. Zeitraubende Formalien stehen dem entgegen. Hier schafft das Notvertretungsrecht Abhilfe.
 
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