Dresden, 6. Februar 2025 | (ks)
Jede Minute zählt! Rettungskräfte müssen schnell zum Unfallort gelangen, um Leben zu retten. Eine blockierte Rettungsgasse kann über Leben und Tod entscheiden. Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr weisen immer wieder darauf hin, rechtzeitig eine Rettungsgasse zu bilden. Erst im Januar dieses Jahres wurde wieder bei einem schweren Verkehrsunfall auf der A 4 die Anfahrt der Rettungskräfte erheblich verzögert, weil Autofahrer die Gasse nicht frei gemacht hatten.
Warum jede Minute zählt
Laut Wikipedia kann ein um vier Minuten schnelleres Eintreffen der Rettungskräfte die Überlebenschancen von Schwerverletzten um bis zu 40 Prozent erhöhen.
Die besten Überlebenschancen hat ein Patient in der so genannten "Golden Hour of Shock". Das sind die ersten 60 Minuten nach dem Eintreffen des Rettungsdienstes am Unfallort und der Einlieferung in eine Klinik mit Schockraum für Schwerverletzte. (Quelle: healthcare-in-europe.com)
Wann die Rettungsgasse zu bilden ist
Sobald Fahrzeuge Schritt-Geschwindigkeit fahren oder zum Stillstand kommen. Dies gilt auf Außerortsstraßen und Autobahnen. Also nicht erst, wenn sich ein Einsatzfahrzeug nähert. Autofahrer müssen bereits bei zähflüssigem Verkehr vorausschauend handeln, denn zum Überlegen bleibt keine Zeit. Der ADAC weist auf ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg hin (OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.9.2022 , 2 Ss OWi 137/22).
Das Gericht hat in seiner Grundsatz-Entscheidung zum Zeitpunkt einer Rettungsgasse auch die Frage beantwortet, was unter "sobald" zu verstehen ist. Das OLG definierte sobald als Synonym für "in dem Augenblick, da ..." oder "gleich wenn …".
Die Regelung verfolgt das Ziel, im Notfall sofort eine freie Gasse für die Rettungskräfte zu haben, ohne dass die Fahrzeuge hektisch ausweichen müssen. Wer zu spät handelt, hat unter Umständen keine Möglichkeit mehr, eine Rettungsgasse zu bilden. Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge benötigen übrigens eine Durchfahrtsbreite von drei Metern.
Wer durch die Rettungsgasse fahren darf
Nur Polizei-, Rettungs- und Hilfsfahrzeugen dürfen die Rettungsgasse befahren. Allen anderen Verkehrsteilnehmern – auch Motorradfahrern – ist dies verboten. Wer es trotzdem tut, wird noch härter bestraft, als wenn er keine Rettungsgasse gebildet hätte (siehe Konsequenzen).
Rechtliche Grundlagen
- § 11 Straßenverkehrsordnung (StVO) - besondere Verkehrslagen
Bildung einer Rettungsgasse auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen
- § 38 STVO - Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn
Alle Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn für Rettungs- und Einsatzfahrzeuge zu schaffen
Wie die Rettungsgasse zu bilden ist
Die Regel ist einfach:
- Auf Autobahnen und Straßen mit mindestens zwei Fahrstreifen pro Richtung: Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen fahren nach links, alle anderen nach rechts.
- Bei einer dreispuren Fahrbahn zwischen linker und mittlerer Spur.
- Bei einer vierspurigen Fahrbahn zwischen dem linken und dem direkt daneben befindlichen Fahrstreifen zu bilden.
- Das heißt: Die Rettungsgasse bildet sich immer zwischen der linken und den rechten Spuren.
Eselsbrücke: Rechte-Hand-Regel
Die Rechte-Hand-Regel (Handrücken) kann helfen, die Rettungsgasse richtig zu bilden: Die Rettungsgasse befindet sich immer zwischen Daumen und Zeigefinger. Der Daumen markiert den linken Fahrstreifen, die anderen Finger beliebig viele weitere Fahrstreifen.
Ganz einfach, oder? Trotzdem klappt es in der Praxis oft nicht. Manche Autofahrer denken nicht daran. Andere sind unsicher und wieder andere haben einfach keine Lust, sich zu bewegen.
Rettungsgasse im Baustellenbereich
Baustellenbereiche sind in der Regel zweispurig. In diesem Fall gelten für die Rettungsgasse die gleichen Regeln wie auf der zweispurigen Autobahn. Die Fahrzeuge auf der linken Spur halten sich ganz links. Die Fahrzeuge auf der rechten Spur halten sich ganz rechts. In der Praxis kann es jedoch so eng werden, dass dies kaum möglich ist. In diesem Fall wird empfohlen, dass alle Fahrzeuge so weit rechts wie möglich fahren. Die Einsatzfahrzeuge können dann links überholen. Auch größere Abstände zwischen den Fahrzeugen können für die Rettungskräfte hilfreich sein.
Dürfen Sie die Standspur befahren?
Die Standspur/der Seitenstreifen muss grundsätzlich freigehalten werden. Ausnahmen gelten, wenn Sie die Polizei zum Befahren auffordert oder wenn die Bildung einer Rettungsgasse aus Platzgründen ohne Nutzung des Standstreifens nicht möglich ist.
Die Standspur ist auch keine alternative Rettungsgasse für Einsatzfahrzeuge. Denn sie bietet ihnen meist nicht genug Platz. Außerdem ist sie nicht überall durchgehend ausgebaut oder kann von liegengebliebenen Fahrzeugen blockiert werden.
Wer die Standspur unberechtigt nutzt, riskiert ein Bußgeld von 75 Euro und einen Punkt in Flensburg. Bei Behinderung von Rettungskräften kann es noch teurer werden.
Welche Konsequenzen drohen?
Bei Verstößen rund um das Thema Rettungsgasse müssen Sie prinzipiell mit zwei Punkten in Flensburg und einen Monat Fahrverbot rechnen. Die Bußgelder variieren je nach Schwere des Verstoßes.
- Wenn Sie keine Rettungsgasse bilden, riskieren Sie ein Bußgeld von 200 Euro. Wenn Sie deshalb Einsatzfahrzeuge behindern oder Verkehrsteilnehmer gefährden, kann Sie das bis zu 280 Euro Bußgeld kosten. Kommt Sachbeschädigung hinzu, sind es 320 Euro Strafe.
- Befahren Sie unberechtigt die Rettungsgasse drohen 240 Euro Bußgeld. Mit einer Behinderung von Einsatzfahrzeugen steigt es auf 280 Euro. Kommt Gefährdung hinzu, sind es 300 Euro und mit Sachbeschädigung 320 Euro.
Straf- und zivilrechtliche Folgen
Rettungswege zu blockieren, kann auch straf- und zivilrechtliche Folgen haben. Rechtlich kann das als Behinderung von hilfeleistenden Personen nach § 323c Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gewertet werden. Ist es bewiesen, dass das Blockieren absichtlich erfolgte, können Sie sich gegebenenfalls auch wegen Straßenverkehrsgefährdung im Sinne des § 315c StGB strafbar machen.