Dresden, 16. November 2023 | (ks)
Haben auch Sie das Gefühl, dass es auf Deutschlands Straßen immer rauer zugeht? Und aus welcher Perspektive nehmen Sie das Verkehrsklima wahr, als Autofahrer, als Radfahrer? Die neue Befragungsstudie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) "Verkehrsklima in Deutschland 2023" hat die entsprechenden Wahrnehmungen und Einstellungen zur Verkehrssicherheit ermittelt. Im Vergleich zu den Vorgängerstudien haben sich alle Werte verschlechtert.
Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend. UDV-Chef Siegfried Brockmann dazu: „Aus Ärger oder zum eigenen Vorteil die Verletzung oder gar den Tod Anderer in Kauf zu nehmen, ist vollkommen inakzeptabel. Alle Verantwortlichen müssen jetzt im Lichte der Ergebnisse beraten, wie sich die Situation verbessern lässt.“
Zu den Verantwortlichen zählen sicherlich Politik, Polizei und Verkehrssicherheitsexperten. Hauptverantwortlich sind aber alle, die sich im Straßenverkehr bewegen. Egal, ob sie mit dem Auto, dem Zweirad oder zu Fuß unterwegs sind. Denn dass bestimmte Verhaltensweisen zu Unfällen führen, ist den meisten Befragten bewusst.
Grafik: Unfallforschung der Versicherer (UDV/GDV) | S. Brockmann
Selbstbild und Fremdbild unterscheiden sich deutlich
Drängeln, Lichthupe, Schneiden - solche Aktionen anderer Autofahrer/innen hat wohl jeder schon einmal erlebt. So manch einer flucht oder schreit ganz offensichtlich hinter seinem Lenkrad. Aggression wird von den meisten Verkehrsteilnehmern als großes Problem wahrgenommen. Dass sie selbst dazu beitragen, ist ihnen jedoch nicht bewusst. Wie in den Vorjahren klaffen Selbst- und Fremdwahrnehmung der Befragten weit auseinander. So geben 96 Prozent der Autofahrer an, Radfahrer mit ausreichendem Abstand zu überholen. Gleichzeitig nehmen sie aber bei 93 Prozent der anderen Autofahrer wahr, dass sie Radfahrer zu eng überholen. Die Radfahrer selbst sind in Bezug auf ihr Selbstbild nicht viel besser: Knapp die Hälfte gibt zu, gelegentlich auf den Gehweg auszuweichen, beobachtet dieses Verhalten aber bei 92 Prozent der anderen Radfahrer. Es liegt auf der Hand, dass diese Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung nicht mit dem tatsächlichen Verkehrsverhalten übereinstimmen kann.
Grafiken: Unfallforschung der Versicherer (UDV/GDV) | S. Brockmann
Würden sich die Befragten in bestimmten Situationen selbst aggressiv verhalten?
In der aktuellen Studie gab etwa die Hälfte der Befragten an, dass sie sich zumindest gelegentlich abreagieren müssen, wenn sie sich geärgert haben. 53 Prozent der Teilnehmer fahren unter Ärger schneller als sonst. Immerhin jeder fünfte Autofahrer hat schon einmal mit der Lichthupe die Überholspur „freigemacht“. Ein knappes Drittel (31 Prozent) tritt gelegentlich aufs Gaspedal, wenn sie überholt werden.
Grafiken: Unfallforschung der Versicherer (UDV/GDV) | S. Brockmann
Im Idealfall eines verträglichen und verantwortungsbewussten Miteinanders im Straßenverkehr müssten die Balken eigentlich komplett auf grün stehen, also 100 Prozent "trifft nicht zu".